Gemüse im Hinterhof und Hühner auf dem Dach

von: | aktualisiert am: 29.05.2009

Der Gemüse-Anbau im Hinterhof und Hühner auf dem Dach sollen ein Trend in den USA sein. Spätestens, als sich Michelle Obama mit Spaten im Garten des Weißen Hauses ablichten ließ und verlautbarte, künftig sollen Gemüse und Beeren hier wachsen, ging die Botschaft durch die ganze USA und in die Welt – bis nach Berlin.

Gemüse auf einem Berliner Hinterhof

Gemüse auf einem Berliner Hinterhof

In privaten und öffentlichen Initiativen wird dort schon länger von einigen Aktivisten Ackerbau und Viehzucht im Kleinformat und unter manchmal kuriosen Bedingungen betrieben. Tatsächlich gibt es Dächer in New York, auf denen Hühner gehalten werden. Sogar kleine Produktions“genossenschaften“ haben sich gebildet, die zuerst für den Eigenbedarf säen und ernten, aber auch Läden und Restaurants in der Nachbarschaft mit Gemüse, Kräutern und Eiern beliefern. Andere Initiativen vermieten, ähnlich unseren Schrebergärten hier, Beete zum Anbau. Nach getaner Arbeit quatscht man dann noch ein wenig mit dem Beet-Nachbarn auf der Bank. Das macht der Idealist, oder der, der Spaß daran hat. Der Nächste hat ohnehin gerade nicht viel anderes zu tun und gibt seinem Dasein so einen Sinn. Wieder Andere führen z.B. Jugendliche an die Landwirtschaft heran und eröffnen Ihnen völlig neue berufliche Perspektiven. Das Wirtschaftsmagazin brand eins  hat in seiner Mai-Ausgabe einen sehr interessanten Beitrag dazu veröffentlicht, den wir gern empfehlen!

Nicht nur in Deutschland nimmt der Anteil der ländlichen an der Gesamt-Bevölkerung stetig ab (hier sind es wohl nur noch 2,5%), werden landwirtschaftliche Berufe immer seltener – und Bauer sucht Frau… Landwirtschaft ist immer mehr eine Landindustrie geworden – mit all den unangenehmen Folgen, die sich damit verbinden – von Monokultur, Verödung, Schweinegrippe oder Gammelfleisch-Skandalen bis hin zur leidigen Diskussion um Milchpreise und -quoten. 

Auch der seit ein paar Jahren stetig wachsende Konsum von Bio-Lebensmitteln ändert daran nichts – diese werden letztlich auch nur landindustriell hergestellt. Zumeist mindestens, denn den Löwenanteil an diesen Produkten verkaufen nicht Schäfer Heinrich, Bauer Lutz oder die Fisch-Rike auf dem Wochenmarkt, sondern die Riesen der Branche, wie Aldi, Lidl & Co.

Natürlich werden bei solchen Themen immer wieder Diskussionen ausbrechen und die gleichen Klischees bedient, in deren Bresche wir aber nicht springen wollen!

Dass es Kinder gibt, die meinen, Kühe wären lila, ist mehr dem Erfolg einer genialen Werbekampagne zuzurechnen, als bedauernswerter Verlust beim Wissen der Vorschulkinder. Wer kann schon eine Kuh melken und trinkt trotzdem jeden Tag bedenkenfrei Milch? Strom kommt aus der Steckdose und Wasser aus der Leitung. So ist das nun einmal. Dafür grinst der Enkel, wenn Oma keine SMS schreiben kann. Was waren gleich Schallplatten, Tonband und Kassettenrekorder? Die Tage der CD sind auch schon gezählt!

Als ich brand eins las, erinnerte ich mich sofort daran, wie es war, als ich Ende der 80er Jahre das erste Mal nach Berlin-Kreuzberg kam. Viele werden hier die größte türkischstämmige Pupolation außerhalb Instanbuls assoziieren. Ich vergesse nie das Bild, als ich völlig perplex vor ein paar Schweinen, Pferden und Eseln stand, die sich im Schatten der Mariannenhöfe ein paar Quadratmeter Auslauf und Stall teilten. Leider gibt es solche Oasen kaum noch in unseren Städten und immer weniger auf den Dörfern. Wie gern würde ich meine Eier bei Magda kaufen, die sie ihren tatsächlich freilaufenden Hühnern unten an der S-Bahn abgerungen hat. Statt dessen züchtet Detlef dort südamerikanische Wasserschildkröten – kann man auch essen, Detlef :-) .

Mein Balkon hat dieses Jahr wieder Blumen – das mit den Tomaten und Erdbeeren hat mir zu lange gedauert. Die Minze wächst wie jedes Jahr und reicht immer für den Cocktail zu zweit. Ein paar Kräuter sind hilfreich bei der Zubereitung von Essbarem in der Küche. Wenige Kilometer nördlich vor der Stadt kann man selbst ernten, was andere angebaut haben – Erdbeeren, Blaubeeren und so. Dafür bezahlt man dort sicher mehr, als bei Üzgür um die Ecke, man hat einen schmerzenden Rücken und dreckige Schuhe. Aber man weiß, wo es her kommt. Und Pilze gibt es dann im Herbst wieder, im Wald. Aber sonst?

Ein deutscher (!) Kompost in der Großstadt

Ein deutscher (!) Kompost in der Großstadt

Siehe da, es gibt sie doch, diese Großstadt-Oasen, auch hier, nicht nur in den USA! 9 Häuser links von mir wurde gerade in häuslicher Gemeinschaft ein kleiner Garten für Kräuter, ein Rankbeet für Tomaten und ein Kompost angelegt. Wie immer ein wenig kleiner, als bei Barack, aber ein Anfang, der hoffentlich noch viele Nachahmer findet. Und die Kinder in dieser Hausgemeinschaft werden dann auch wissen, dass man Gemüse fleißig gießen muss und es seine Zeit braucht, bis aus einer Blüte eine (hoffentlich) wohlschmeckende Frucht geworden ist. Auch nicht schlecht!

Das ist ein amerikanischer Trend, den wir hier in Europa gern willkommen heißen sollten und der sich hoffentlich bald durchsetzt!

 

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