Bunte Welt der Salsa in Frankfurt – Salsalove-Festival Frankfurt 2012

von: | aktualisiert am: 16.05.2019
Festival-Teilnehmer zum Salsalove-Festival Frankfurt 2012

Festival-Teilnehmer zum Salsalove-Festival Frankfurt 2012

Frankfurt. Es klingt eher wie auf einem Urschrei-Seminar als auf einem Salsafestival, wenn „La Alemana“ Tanja Kensinger mit einem ihrer bunten Turnschuhe auf die Bühnenplatten stampft und einen gutturalen Laut ausstößt.

Keine Stunde später zeigt der kumpelhafte Salsa-Altmeister „Supermario“ in Jeans und Hemd gekleidet und mit lässig fließenden Bewegungen eine seiner praxistauglichen und einfach zu erlernenden Salsa-Kombinationen.

Die Aufeinanderfolge illustriert die bunte Mischung aus Tanzstilen, Altbewährtem und Experimentellem, jungen und alten Künstlern, Gewohntem und Exotischem, das die Besucher des „Frankfurt Salsa Festival“ am vergangenen Wochenende in der Frankfurter „Union Halle“ erlebten.

„Vor allem die Internationalität ist uns wichtig“, bestätigt der Organisator Marcello Krebber vom Veranstalter Salsalove das bunte Konzept des Festivals, das zum 2. Mal in Frankfurt stattfand. „Wir wollen die globale Szene zusammenbringen: das Know-How von überall soll gebündelt werden“, sagt Krebber.

Man wolle darüber hinaus auch jungen Talenten eine Bühne geben, um sich einen Namen zu machen. „Sie sind zwar noch nicht so routiniert, machen aber mit Enthusiasmus vieles wett“, sagt Krebber.

Und die Jungen haben neue Ideen im Gepäck.

Neue Ideen für die Salsa – Bachata im Aufwind?

Nicht nur Experimentelles, wie die Mischung aus Bauchtanz und Salsa, die zwei Tänzerinnern von der Münchner „Salsa and Soul Dance Company“ zeigten, sondern auch solche, die sich an der Praxis orientieren: „Viele Salseros tanzen auch Tango“, sagt Adem Ersin Alcan von der Tanzschule Salsatura aus Augsburg. Sie würden ihr Tango-Können gerne auch auf Salsapartys zeigen, meint der junge Tänzer mit langem schwarzen Zopf. Von der Bühne des Sala Floridita der Union Halle aus propagiert er mit seiner Partnerin den Salsatango, eine Melange, die Tango- und Salsafiguren mischt.

Adem Ersin Alcan hofft, dass es auf den Salsapartys der Nation bald noch bunter zugeht. Außerdem will der aus der Türkei stammende Augsburger auf diese Weise die beidseitige Überheblichkeit überwinden, die er zuweilen in den Salsa- und dem Tango-Lagern beobachtet.

Tanja Kensinger a La Alemana zum  Salsalove-Festival Frankfurt 2012

Tanja Kensinger a La Alemana zum Salsalove-Festival Frankfurt 2012

Aber auch die alten Hasen bringen Neues auf die Bühne.

La Alemana“ stellt eine neue Choreographie des relativ jungen Stils „Crunkchata“ vor. Der Crunkchata ist eine Art aggressive Ghetto-Version des eigentlich eher zärtlichen Bachata und wirkt als komme er direkt aus den Straßen von L.A..

Entsprechend dröhnen HipHop-Bässe durch den Sala Tropicana und Tanja Kensinger lässt das Publikum mit wieselflinken und enorm energetischen Schrittfolgen schwitzen.

Der Tap, der beim Bachata mit einem erotischen Hüftschwung verbunden ist, wird zum wütenden Stampfer auf die Bühne, bei dem der Tänzer in die Knie geht wie ein Sumo-Ringer.

Die Crunkchata-Kombi, die La Alemana zeigt, fordert neben Stampfern rasante Fußarbeit, die vielen Mitmachern die Schweißperlen auf die Stirn treibt.

Das Ganze eignet sich wohl eher für den Feierabend-Workout als für einen Drei-Minuten-Flirt in romantischem Ambiente. Aber es macht offensichtlich Spaß: nur wenige geben auf.

Freilich kann La Alemana auch Klassisch, schließlich ist sie eine der bekanntesten Bachata-Trainerinnen der Welt.

Mit ihrem Partner „Ataca“ Jorge Burgos zeigt sie das in einem Workshop über die „Geheimnisse des Führens und Folgens beim Bachata„. Aber auch hier gibt es neue Kombinationen zu sehen.

„Wir müssen immer wieder neue Workshops entwickeln“, erklärt Kensinger. Denn alles andere kenne das Publikum schon von YouTube-Videos. Mit Ataca entwickle sie ständig neue Shines oder neue Fußarbeit.

Die aus Würzburg stammende Tänzerin, die in Washington D.C. lebt, glaubt dass der Bachata bald populärer sein wird als Salsa. „Die Bachata-Community wächst Tag für Tag“, sagt sie.

Während des Workshops kommt Ataca von der Bühne und tanzt mit einer Dame aus dem Publikum, die zuvor vergeblich auf einen Partner gewartet hat. Er will wohl gutes Vorbild sein: „Öfter den Partner wechseln“, lautet sein Rat an Lernende. Offen dafür zu sein, mit vielen Partner zu tanzen sei wichtig, um zu vermeiden, dass sich schlechte Angewohnheiten  einschleichen, sagt der aus Puerto Rico stammende Bachatero.

Ein Rat, der in Frankfurt nicht immer beherzigt wird: In einigen Workshops, die ich besuche herrscht Männermangel. Frauen stehen herum und vielen von ihnen ist der Frust anzusehen, nicht mittanzen zu können. Ich erlebe nur im Workshop „Salsa Cubana Mix LA“ des Franzosen Hamidine Thiam ein konsequent durchgesetztes Partnerwechseln: Die Paare stehen im Kreis, man tanzt eine Kombi oder zwei, dann gehen die Damen im Uhrzeigersinn zum nächsten Partner.

Doch zurück zur bunten Mischung.

Die Mischung macht die Salsa

Ein gewisses Gegengewicht zu den Trendsettern bilden in Frankfurt die Urgesteine des Salsa. Pedro Gomez etwa, der im Sala Miramar ganz klassisch Open Shines und Breaks für Salsa on 2-Begeisterte unterrichtet. Nach einer schwungvollen Drehung fasst er sich an die Lendenwirbelsäule, verzieht das Gesicht und sagt: „This one kills me“. Die Klassiker kommen in die Jahre.

Randolph und Shelina wiederum versorgen das Publikum mit leicht verdaulicher Kost, die sich auf jeder Salsaparty praktisch nutzen lässt. Obwohl sie im größten Saal vor hunderten Leuten unterrichten, gehen sie durch die Reihen und helfen den Paaren, wobei sie zielsicher auf jene zugehen, die sich schwer tun.

Supermario zum Salsalove-Festival Frankfurt

Supermario zum Salsalove-Festival Frankfurt

Auch bei den Auftritten von Supermario ist der Sala Tropicana voll.

Kein Wunder, denn der  begabte Lehrer bietet seine neuesten Kreationen, mit denen Salseros bei der nächsten Party die Salseras überraschen können.

Der als „Million Moves Man“ bekannte kreative Kopf aus London ist sparsam geworden: er stelle der Öffentlichkeit pro Jahr nur ein paar Kombinationen vor, um sein Profil zu schärfen (er nennt es „Trademark“).

Und in Frankfurt lernen die Anwesenden als erste die neue Kombi für das Jahr 2012. Das sei „offiziell“, versichert Mario.

Und dann zeigt der hühnengroße, etwas dicke Mann mit deutlich gelichtetem Haar, dem man es in der Kneipe nicht abkaufen würde, dass er ein weltweit gefragter Salsa-Lehrer ist, eine hinreißende Kombination aus gefühlvoll langsamen Drehungen und energetischen Spins, die mit Sicherheit für einige angenehme Überraschungen auf der Tanzpiste sorgen wird (O-Ton Mario: „The ladies will say: wow, this guy is good!“).

Neben Neuem und Klassischem gibt es auch Exotisches.

So zauberte Yand Klaise aus Luxemburg mit seiner Zouk-Performance eine mystische Karibik-Atmosphäre in den Sala Tropicana. Bei seinem Salsa Cubana Workshop widmet er einen Tanz ausdrücklich den Göttern der Karibik: „This dance is for the Orishas„.

Die Atmosphäre sei den Machern wichtig gewesen, sagt Marcello Krebber. Daher habe man nicht irgendeine Messehalle gemietet, sondern die teure Union-Halle. Darin unterscheide man sich auch von anderen Veranstaltern.

Doch so ganz werden die Veranstalter diesem Anspruch nicht gerecht. Auf der Empore des Sala-Tropicana befindet sich die Sala Macumba, wo die Anfänger-Workshops stattfinden. Es gibt keine Schalltrennung. Die Workshop-Teilnehmer sind sichtlich genervt, wenn etwa während eines Salsakurses Bachata-Rhythmen deutlich vernehmbar die Trockenübung stören. Supermario beschwert sich live von der Bühne: das sei wirklich irritierend.

Der Salon Floridita wird vom Ambiente her seinem warm klingenden Namen überhaupt nicht gerecht: es handelt sich um einen kalten Raum mit Betonwänden durch den Wasserrohre verlaufen, er hat den Charme eines Heizungskellers.

Etwas merkwürdig für eine Veranstaltung, die man durchaus als sportlich einstufen kann war auch das Verbot zum Mitbringen von eigenen Getränken, gekoppelt mit einem Preis von 2 Euro 50 für eine 0,33 Liter Plastikflasche Wasser. Das Wort „Abzocke“ kommt einem da schon mal in den Sinn. Aber es hielt sich kaum jemand an das Verbot.

Doch den Spaß wirklich verderben können diese kleinen Unzulänglichkeiten nicht.

Für mich war dieses Wochenende wie eine Reise durch die Welt des Tanzens. Ich würde jederzeit mit Freuden wieder hingehen.

Christian Meier

Anmerkung der Redaktion: Vielen Dank an die Organisatoren von Salsalove für die Unterstützung!

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