Kamila Valieva – ihre Rekorde, Programme, Diskussionen
von: Karsten Heimberger | aktualisiert am: 13.11.2023Kamila Valieva aus Russland hat mit neuen Eiskunstlauf-Weltrekorden das Eiskunstlaufen der Frauen aus den Angeln gehoben und auf eine neue Stufe gestellt.

Neuer Eiskunstlauf-Weltrekord von Kamila Valieva – im Bild Kamila Valieva aus Russland in ihrer Kür der Eiskunstlauf-Saison 2021-2022 – Foto: © International Skating Union (ISU)
Kamila Valieva war nicht die Erste und ist nicht die Einzige, die mit 3-fachem Axel und mehreren 4-fach-Sprüngen glänzt.
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Kamila Valieva ist es aber gelungen, einerseits mit ihren Wertungen neue Höhen zu erreichen und lange fest geglaubte Grenzen zu sprengen, andererseits -wie durch „Zauberhand“- die Diskussionen zu befrieden, ob denn nun immer neue, schwierigere Sprünge der richtige Weg für das Frauen-Eiskunstlaufen wären.
Denn Kamila Valieva springt nicht nur hervorragend, eilt mit ihren Wertungen von Weltrekord zu Weltrekord, sie verbindet auch auf besondere Weise die sportlichen und künstlerischen Elemente des Eiskunstlaufens miteiander, so dass Eiskunstlauf-Fans und Fachleute gleichermaßen und überwiegend begeistert sind.
Bestwerte von Kamila Valieva im Eiskunstlauf
Weil Kamila Valieva ihre eigenen Bestwerte im Moment ständig verbessert, hier die aktuellen Rekord-Werte von Kamila Valieva im Eiskunstlauf der Frauen, die alle Weltrekord sind:
- Kurzprogramm: 90,45 Punkte (51,73+38,72) – neuer Weltrekord (bei der Eiskunstlauf-EM 2022)
- Kür: 185,29 Punkte (109,02+76,27) – neuer Weltrekord (ISU Grand Prix Russland 2021)
- Gesamt-Wertung: 272,71 Punkte – neuer Weltrekord (ISU Grand Prix Russland 2021)
Diese Rekord-Werte können wir auch hier oben immer wieder aktualisieren und unten vielleicht die Etappen nachzeichnen im zeitlichen Verlauf, bei denen Kamila Valieva diese besonderen Erfolge erzielt hat.
Über Kamila Valieva und ihre Programme
Kamila Valieva ist derzeit 17 Jahre alt (geboren am 26.4.2006 in Kazan) und 1,60m groß. Sie läuft für Russland, lebt in Moskau und ihre Trainerin ist Eteri Tutberidze.
2020 wurde Kamila Valieva Eiskunstlauf-Junioren-Weltmeisterin und Russische Meisterin (Junioren).
In der Eiskunstlauf-Saison 2021-2022 lief Kamila Valieva im Kurzprogramm zur Musik „In Memoriam“ von Kirill Richter und in der Kür zum „Bolero“ von Maurice Ravel. Für die Choreografien verantwortlich sind ihre Trainer Eteri Tutberidze und Daniil Gleikhengauz.
Im Kurzprogramm sprang Kamila Valieva einen 3-fachen Axel und den 3-fachen Flip als Einzelsprünge sowie den 3-fachen Lutz und 3er-Toeloop in der Kombination (in der Reihenfolge).
4-fach-Sprünge sind noch nicht erlaubt im Kurzprogramm der Frauen.
In der Kür sprang Kamila Valieva in der Saison 2021-2022 in der nachfolgend genannten Reihenfolge im Kür-Programm den 4-fachen Salchow und den 3-fachen Axel als Einzelsprünge zum Auftakt, dann die Kombination 4-fach Toeloop + 3-fach Toeloop, den 3er-Loop (Rittberger), die Kombination aus 4er-Toeloop + Euler + 3-fach Salchow sowie den 3er-Lutz.
Hier ein Video der bisher besten Kür von Kamila Valieva beim Rostelecom Cup 2021:
Es folgte einiges „Durcheinander“ – beginnend mit der Russischen Meisterschaft 2022, über Olympia 2022, das sich hinzog bis in die nacholympische Saison 2022-2023, in der einerseits Kamila Valieva mit den Nachwirkungen einer positiven Doping-Probe zu kämpfen hatte (alles dazu unten) und die russischen Sportler von internationalen Eiskunstlauf-Wettbewerben ausgeschlossen waren – bis heute sind.
Der Russische Eiskunstlauf-Verband hat jedoch eine eigene Wettbewerbsserie etabliert, die den Zyklus der internationalen Wettkämpfe nachempfindet und sogar noch um weitere, eher unkonventionelle Wettbewerbe erweitert. Da sind z.B. zu nennen ein spezieller Show-Wettkampf und ein Wettbewerb um die besten Sprungelemente.
Nun war der Start in die neue Eiskunstlauf-Saison 2023-2024, der in Russland durch die traditionellen und beleibten Testläufe der Nationalmannschaft markiert ist.

Kamila Valieva beim Eiskunstlauf Grand Prix Russland 2023 Kazan – Foto: Yulia Komarova
Hier das Video vom Kurzprogramm von Kamila Valieva bei eben diesen Tests am 16.9.2023 in der Megasport-Arena in Moskau (mehr Details dazu in unserem Artikel Eiskunstlauf: Test-Läufe der russischen Nationalmannschaft 16.-17.9.2023:
Update: Das Video wurde entfernt, Sie finden das Kurzprogramm hier auf youtube zusammen mit den anderen Frauen-Kurzprogrammen bei dieser Veranstaltung..
Zeitlicher Verlauf der neuen Rekorde von Kamila Valieva
Natürlich war von Kamila Valieva bekannt schon aus ihrer Junioren-Zeit, dass da ein ganz besonderes Eiskunstlauf-Talent reift. In der olympischen Eiskunstlauf-Saison 2021-2022 gelang es ihr dann, immer wieder auf’s Neue zu begeistern und ihre eigenen (Weltrekord)-Werte zu verbessern.
Ihre ersten Weltrekorde bei den „Senioren“ stellte Kamila Valieva bei der Finlandia Trophy 2021 Mitte Oktober auf in der Kür (174,31) und der Gesamt-Wertung (249,24), die seit dem auch nur von ihr selbst übertroffen wurden, aber nur der Auftakt für eine ganze Rekord-Serie waren, die noch folgen sollte.
Den ersten spektakulären Auftritt von Kamila Valieva gab es beim ISU Grand Prix Skate Canada 2021 in Vancouver auf (Ende Oktober, ihr erster Start im ISU Grand Prix).
Damals verbesserte sie den Kür-Weltrekord auf 180,89 Punkte (106,13+74,74) und den in der Gesamtwertung auf 265,08 Punkte.
Im Kurzprogramm konnte sie ihre eigene Bestleistung zwar um ca. 10 Punkte verbessern, jedoch blieb sie mit 84,19 Punkten (48,04+36,15) noch knapp hinter der Rekordwertung von 85,45 Punkten von Alena Kostornaia vom ISU Grand Prix Finale 2019 zurück.

Kamila Valieva im Kurzprogramm der Saison 2021-2022 – Foto: © International Skating Union (ISU)
Gleich 3 neue Weltbestmarken setzte Kamila Valieva dann beim ISU Grand Prix Rostelecom Cup 2021 in Sotschi Ende November, ihrem 2. Auftritt in dieser Wettbewerbsserie der weltbesten Eiskunstläufer.
Sie verbesserte dort die Wertungen auf 272,71 Punkte insgesamt aus Kür 185,29 (109,02+76,27) und Kurzprogramm 87,42 (49,97+37,45) – konnte also auch im Kurzprogramm den Weltrekord erringen, insgesamt und in der Kür verbesserte sie „nur“ ihre eigenen Bestmarken.

Kamila Valieva aus Russland mit neuem Weltrekord im Kurzprogramm beim ISU Grand Prix Sotschi 2021 – Foto: © International Skating Union (ISU)
Das mit Spannung erwartete Grand-Prix-Finale Anfang Dezember 2021 musste dann corona-bedingt abgesagt werden.
Doch setzte Kamila Valieva bei den Russischen Eiskunstlauf-Meisterschaften 2022 Weihnachten 2021 neue Akzente – 283,48 Punkte insgesamt aus Kür 193,10 (113,90+79,20) und Kurzprogramm 90,38 Punkte (51,49+38,89) – neue Bestwerte, die jedoch nicht in die internationalen Ergebnislisten einfließen und deshalb nicht als internationale Rekorde gelten.
Update: Durch die positive Doping-Probe bei eben jener Russischen Meisterschaft wurden Kamila Valieva diese Ergebnisse durch Disqualifikation nachträglich aberkannt (Details dazu siehe unten).
Bei der Europameisterschaft 2022 (Januar) konnte Kamila Valieva ihren Weltrekord im Kurzprogramm noch einmal verbessern auf 90,45 Punkte (51,73+38,72) und damit die Wertung von der Russischen Meisterschaft bestätigen. In der Kür lief nicht alles rund, so dass es bei den bisherigen Bestwerten blieb.
Kamila Valieva & Doping-Vorwürfe
Aus aktuellem Anlass möchten wir hier auf die Doping-Diskussionen eingehen, die derzeit im Zusammenhang mit Kamila Valieva geführt werden (letzter Check auf Neuigkeiten 17.9.2023 10.00 Uhr):
Kamila Valieva, Doping und Olympia 2022
Zunächst: Es gab keine positive Doping-Probe von Kamila Valieva bei Olympia! Das wird in einigen Medien falsch dargestellt oder so, dass man das irrtümlich annehmen könnte. Es war so, dass bei Olympia ein positiver Doping-Befund von Kamila Valieva bekannt wurde, der jedoch von einer Doping-Probe stammte, die einige Wochen zuvor bei der Eiskunstlauf-Meisterschaft in Russland genommen worden war.
Der Russische Eiskunstlauf-Verband hat am 11.2.2022 eine Erklärung zu den Doping-Diskussionen um Kamila Valieva veröffentlicht, weil so viel spekuliert wurde. Dort wurde der Sachstand wie folgt dargelegt:
Eine Doping-Probe von den Russischen Meisterschaften 2022 (Weihnachten 2021 war das) wurde von einem schwedischen Doping-Labor ausgewertet.
Die Russische Anti-Doping-Agentur RUSADA erhielt am 8.2.2022 die Information, also nach Abschluss des Team-Events bei Olympia, dass die mehrere Wochen alte Doping-Probe von Kamila Valieva von der Russischen Meisterschaft eine lt. Doping-Liste verbotene Substanz enthielt (Anm. d. Redaktion: die wohl Wirkstoff in einem Angina-Medikament ist).
Daraufhin hat die RUSADA sofort die vorläufige Suspendierung von Kamila Valieva beantragt. Einen Tag später (9.2.2022) gab es eine beschleunigte Anhörung der Athletin (es lief ja Olympia), in deren Folge die Suspendierung aufgehoben wurde.
Gründe dafür waren offenbar u.a., dass es von Kamila Valieva bei allen anderen Tests vor und nach den Russischen Meisterschaften keinerlei auffällige Befunde gab, nicht bei der Europameisterschaft 2022 und nicht jetzt bei Olympia 2022 und auch sonst nicht. Weitere Details wurden nicht genannt.
Abschließend erklärt der Verband, dass er keine Zweifel an der Ehrlichkeit der Sportlerin hat und alles tun wird, die Umstände des Vorfalls aufzukären.
Gegen diese Entscheidung wurde anschließend von der ISU (der Internationale Eislaufverband), dem IOC und der WADA (Intern. Anti-Doping-Agentur) beim internationalen Schiedsgericht CAS Einspruch eingelegt. Das musste man tun und ist folgerichtig, um die Sachlage international aufzuklären. Alles Weitere wäre Spekulation.
Am 12.2.2022 hat der damalige Präsident des Russischen Eislauf-Verbandes Alexander Gorshkov noch einmal Stellung genommen und sagte sinngemäß:
„Wir zweifeln nicht an der Ehrlichkeit unserer Athletin. Der Fall erfordert eine sorgfältige Abwägung, denn er wirft zu viele Fragen auf. Es ist einerseits erfolderlich, alle Umstände des Geschehens herauszufinden und andererseits zu klären, was mit dieser Doping-Probe passiert ist, die erst anderthalb Monate nach dem Versand an ein ausländisches Labor analysiert wurde„.
Das internationale Schiedsgericht CAS hat nach Verhandlung am 14.2.2022 entschieden, dass Kamila Valieva im Frauen-Wettbewerb bei Olympia 2022 starten darf. Damit wird die o.g. RUSADA-Entscheidung bestätigt, der Einspruch abgewiesen. Die Entscheidung kann nicht angefochten werden, weil der CAS die höchste Instanz ist.
Die CAS-Entscheidung betraf aber nur die Frage, ob die Aufhebung der Suspendierung richtig war oder nicht. Nicht entschieden wurde über die Sache selbst.
Dazu musste es ein ordentliches Verfahren der RUSADA geben, denn die in Frage stehende Probe wurde bei Russischen Meisterschaften entnommen. Bei allen anderen Wettbewerben war Kamila Valieva bisher nicht auffällig (in dieser Hinsicht).
Weiterer Verlauf der Doping-Vorwürfe gegen Kamila Valieva 2023
Die ISU hat am 22.2.2023 gemeldet, dass die RUSADA nach Untersuchung und Verhandlung über diesen Fall festgestellt bzw. entschieden hat, dass es seitens Kamila Valieva einen Verstoß gegen die Anti-Doping-Bestimmungen gab, ihr dabei aber keine Schuld oder Fahrlässigkeit vorzuwerfen sei.
Deshalb wurde sie nachträglich von der Russischen Meisterschaft Eiskunstlauf disqualifiziert (2021, als die Doping-Probe genommen wurde) und also die Ergebnisse annuliiert, sonst aber keine weiteren Sanktionen verhängt.
Nach Prüfung der durch die RUSADA übergebenen Unterlagen hat die ISU entschieden, Berufung gegen die Entscheidung der RUSADA beim Schiedsgericht CAS einzulegen. Die ISU sei der Ansicht, dass junge Athleten (Valieva war damals noch nicht 16 und solche jungen Sportler genießen besonderen Schutz) zwar besonders geschützt werden müssten, sie deshalb im Fall eines Doping-Verstoßes trotzdem nicht sanktionsfrei bleiben dürften.
Die ISU hat eine Sperrung von Kamila Valieva ab dem 25.12.2021 beantragt (das Datum der Doping-Probe) – für einen Zeitraum, den der CAS festlegen soll, und in der Folge eine Disqualifikation von Kamila Valieva von allen Wettbewerben in diesem Zeitraum – und damit zusammenhängend den Verlust der bei diesen Wettbewerben erreichten Ergebnisse, Medaillen, usw. usf.
Außerdem solle der CAS im Ergebnis seiner Entscheidung das Ergebnis des Team-Wettbewerbs bei Olympia 2022 feststellen.
Hintergrund dieses zuletzt genannten Antrags ist, dass die Russische Eiskunstlauf-Nationalmannschaft bei Olympia 2022 den Team-Wettbewerb gewonnen hatte – mit Kamila Valieva. Verhängt der CAS eine Sperre, könnte davon natürlich auch dieses Ergebnis betroffen sein, das nach Bekanntwerden der Doping-Vorwürfe gegen Kamila Valieva bei Olympia noch nicht endgültig festgestellt wurde.
Später hat noch die WADA (die Welt-Doping-Agentur) eine 4-jährige Sperrung von Kamila Valieva beantragt.
Die Verhandlungen beim CAS (dem internationalen Schiedgericht) waren angesetzt für den Zeitraum 26.-29. September 2023 und dann in eine weitere Runde Anfang November 2023 vertagt. Ergebnis dieser Beratungen war, dass das Urteil im Januar 2024 verkündet werden soll.
Wir beobachten die Situation und ergänzen hier, wenn es etwas substanziell Neues gibt.
Hinweise und Links zum Eiskunstlauf in Salsango
Mehr Nachrichten über diese Eiskunstläuferin finden Sie unter unserem Stichwort Kamila Valieva.
Wir haben inzwischen ein eigenes, spezielles Stichwort Eiskunstlauf in Russland nur für dieses Thema.
Mehr Eiskunstlauf Nachrichten bei uns finden Sie unter dem Stichwort vorn. Eine Übersicht über aus unserer Sicht wichtigsten Eiskunstlauf Wettbewerbe und Meisterschaften finden Sie auf dieser extra von uns eingerichteten Seite.
Derzeit läuft noch bis in den Dezember 2021 hinein der ISU Grand Prix 2021 mit wöchentlich neuen Stationen rund um die Welt. Die Ergebnisse von diesem Wochenende finden Sie hier: Eiskunstlauf ISU Grand Prix 29.-31.10.2021: Skate Canada 2021 in Vancouver mit Fabel-Weltrekord für Kamila Valieva
Eurosport überträgt ab dieser Saison wieder diese Eiskunstlauf-Wettbewerbe, alle live im kostenpflichtigen Eurosportplayer, teils auch im TV-Programm von Eurosport 1 (manchmal Eurosport 2). Wir weisen in unseren Artikel über die Veranstaltungen regelmäßig auf diese Übertragungen und die Übertragungszeiten hin.
Ausgewählte Themen im Salsango-Magazin: