Maite Kelly: „Ich bin Schlager“ – Ein Interview zur neuen CD

von: | aktualisiert am: 26.10.2022
Maite Kelly Ich bin Schlager - Interview zur neuen CD

Maite Kelly Ich bin Schlager – Interview zur neuen CD – Foto: (c) Julian Freyberg

Maite Kelly hat vor ein paar Wochen ihre neue CD „Sieben Leben für Dich“ veröffentlicht. Salsango konnte ein Interview mit ihr dazu führen:

Maite Kelly hat sich mit ihrem neuen Album auf ungewohntes Terrain begeben. Bisher war Maite Kelly mehr in der Folkmusic, in Traditional, Pop und Rock zu hause – obwohl ihr ein solches Schubladendenken eigentlich von klein auf fremd ist. So zitiert sie ihren Vater, dem sie auf ihrer neuen CD übrigens einen anrührenden Song gewidmet hat (Die Liebe ist größer als das Leben), mit „Ein gutes Lied ist ein gutes Lied“.

Und trotzdem gibt es offenbar genre-typische Unterschiede…  Roland Kaiser war es dann, der sie vor 2-3 Jahren in eine neue Welt entführte, von der sie heute selbst sagt, sie fühle nun, sie sei angekommen: „Roland Kaiser hat mir da eine Welt eröffnet, die ich bisher kaum erahnt habe… ich liebe.. ach was, ich bin Schlager!“.

Das Interview mit Maite Kelly dazu führte unser Autor Karsten Heimberger, der auch schon die Rezension zum Album geschrieben hatte (siehe Artikel Maite Kelly CD-Kritik: Neue Schlager-CD „Sieben Leben für Dich“)

Salsango: Hand auf’s Herz! Warum veröffentlicht Maite Kelly ein Schlager-Album?

Maite Kelly: Einen Song, wie z.B. „Touche moi (Berühre mich)“ zu schreiben, erfordert Mut. Den hätte ich noch vor ein paar Jahren nicht gehabt. Ich bin jetzt 37 Jahre alt und gehe auf die 40 zu. Da ist man eine Frau und kein Mädchen mehr. Das finde ich schön! Da kann man z.B. über Sinnlichkeit schreiben (oder singen), ohne dass es vulgär wirkt, weil man ja eine gereifte Frau ist. Das habe ich auf dem Album ausleben dürfen. Ich hoffe, man hört in den Songs, dass es um Lebensmut, um Lebensbejahung geht, um neue Wege und Aufbruch. „Look at the past to see the future!“

Look at the past to see the future

Maite Kelly: Als Kelly Family waren wir eine erfolgreiche Folk-Pop-Band und trotzdem haben wir uns immer in der Schlager-Sphären bewegt, egal wo auf der Welt wir waren – Frankreich, Deutschland zum Beispiel. Ich bin mit den Liedern von Mireille Mathieu und Udo Jürgens aufgewachsen.

Ich habe nach meiner Musical-Zeit angefangen, auf Deutsch zu schreiben, weil ich die Erfahrung gemacht habe, dass die Leute verstehen, was ich sage oder sagen will. Das wollte ich nicht mehr anders erleben. Dabei habe ich ja schon immer Texte geschrieben, aber eben nicht auf Deutsch. Dann habe ich Roland Kaiser kennengelernt. Die Zusammenarbeit mit Roland Kaiser war für mich voller neuer Erkenntnisse. Ich habe da sehr viel gelernt. Roland hat mich reich beschenkt. Er mich mehr, als ich ihn.

Darüber hinaus finde ich am Schlager schön, dass sich hier Generationen begegnen. Das macht seinen besonderen Reiz aus. Ich will diesen Weg jetzt so weiter gehen. „I found my River“… Mir macht diese Arbeit handwerklich so unfassbar viel Freude.

Früher hatte ich manchmal Schwierigkeiten beim Songschreiben, z.B. weil ich meine Musik nicht mit meinem Tanzen überein bringen konnte. Jetzt kann ich zum ersten Mal tanzen auf meiner Musik, kann ein Körpergefühl entwickeln und in Beats umsetzen. Deshalb ist das für mich auch ein großes Geschenk in meiner Karriere.

Salsango: Schlager ist ja auch mehr ein Sammelbegriff, ist keine eindeutig festgelegte Musikrichtung, sondern vereint ganz viele unterschiedliche Rhythmen. Von Discofox über leise oder rockigere Töne bis hin zur Samba ist alles dabei. Du hast ja auch eine Samba auf dem Album…

Maite Kelly: Ja! „Isla d’amor„! Ich habe gehört, in den Tanzschulen wäre man dankbar, mal wieder etwas Spanisches zu bekommen…


Salsango: Mir ist überhaupt aufgefallen, dass die Titel auf Deinem Album „Sieben Leben für Dich“ gut tanzbar sind.

Maite Kelly: Das war meine Absicht, wie ich es vorhin schon kurz erwähnt hatte! Ich habe in Vorbereitung des Albums und während der Produktion die Beats extra selbst ausprobiert zu tanzen. Ich wollte ein Gefühl dafür bekommen, ob die Lieder gut tanzbar sind und wenn nicht, haben wir eben auch Veränderungen daran vorgenommen. „Sieben Leben für Dich“ z.B. ist eigentlich ein schnellerer Discofox, aber er fühlt sich gar nicht schnell an. Ich finde, wenn man einen Discofox schreibt, sollte man es richtig machen – oder es lassen.

Welche Lieder gefallen Dir denn am besten auf dem Album?

Salsango: Eigentlich rundweg die, die Du mit JoJo Music zusammen gemacht hast.

Maite Kelly: Ach ja? Das war eine tolle Zusammenarbeit mit Felix Gauder!

Salsango: Ich will sogar behaupten, dass man die Art oder einen bestimmten Stil bei den Liedern heraus hört…

Maite Kelly: Wir werden auch weiter zusammenarbeiten. Ich hab ihm schon wieder die ersten Skizzen für neue Lieder geschickt.

Salsango: Du zitierst in Deinen neuen Liedern einige ganz bekannte Songs aus der Vergangenheit und baust kleine Schnipsel in Deine eigenen Lieder auf dem aktuellen Album mit ein. Am deutlichsten vielleicht Donna Summer „I feel love“ in Deinem Lied „Eins zu eins“.

Maite Kelly: Ja, ich liebe diese alten Disco-Nummern! Oder Fleetwood Mac zum Beispiel. Ich muss mich wiederholen: „Look at the past to see the future!“ Ich finde, man darf nicht die Melodie eines solchen Songs klauen. Aber man kann sich inspirieren lassen, Dinge aufgreifen und neu weiter verarbeiten. Das macht man doch ohnehin ganz oft als Künstler -gleich welcher Art-, kann man gar nicht verhindern. Man hat ja selbst eine Vergangenheit und ist geprägt von seinem Leben und dem was man erlebt hat.

Salsango: Ich finde auch, die Popmusik oder die Musik überhaupt ist so reich an guten Ideen, dass es schade wäre, sie würden in ihrer Zeit gefangen bleiben. Solche Erinnerungen aufzugreifen und damit neu zu beleben, finde ich sogar sehr sympathisch!

Maite Kelly: Bei „Touche moi“ hatte ich z.B. „Voyage, Voyage“ von Desireless im Hinterkopf, so von der Art her. Es ist nicht die gleiche Melodie, aber das Gefühl habe ich versucht, aufzugreifen. Weißt Du, dass sind alles Einflüsse aus meiner Kindheit. Und die wollte ich auch auf dem Album mit einbringen.

Salsango: Ich will ehrlich sein. Die ersten Songs, die ich gehört hatte, noch vor dem kompletten Album, fand ich gut. Ich fand schon die Lieder, die Du für Roland Kaiser geschrieben hast, richtig klasse! Dann hab ich aber das ganze Album gehört und war erst einmal enttäuscht.

Maite Kelly: Was hat Dich denn gestört oder Dir nicht so gefallen?

Salsango: Zum Beispiel bei einigen Liedern diese Silben-Wiederholungen, wie „Be-be-berühre mich“ (Touche moi). Da gibt es aber noch andere Songs auf dem Album, bei denen mir das aufgefallen ist.

Maite Kelly: Find ich super, dass Du das so sagst. Das kommt aus dem Pop-Bereich. Da ist das völlig normal, für mich ist das ganz normal. Interessant! Darüber werde ich mal nachdenken.

Salsango: Wie Du schon gesagt hast: Bei deutschen Texten verstehen die Leute hier, was gesungen wird. Das hat vielleicht auch Einfluss… Wenn Rihanna singt „You see me I be work, work, work, work, work, work – you see me do me dirt, dirt, dirt, dirt, dirt, dirt“, sind es für den Nichtmuttersprachler mehr so eine Art Sound-Schnipsel. Wenn Du dann aber „Be-Be-Be-rühre“ mich singst, ist es auch Sprache, oder Text.

Maite Kelly: Es kann schon sein, weil ich ja ursprünglich aus dem Popbereich und von englischen Texten komme, dass Dinge, die ich als üblich empfinde, im Deutschen Schlager eine andere Wirkung haben. Deshalb ist mir eine solche Reflexion wichtig und frage ich auch danach, wie Du das siehst. Man kann nur besser werden, wenn man sich auch kritisch mit seinen eigenen Liedern auseinandersetzt und den Leuten zuhört, was sie empfinden – so wie man eben Erfahrungen anderer Künstler in sich aufnimmt, worüber wir eben sprachen.

Und wie war das dann? Du hast gesagt „erst einmal enttäuscht“. Da habe ich noch Hoffnung…

Maite Kelly fühlt sich angekommen

Maite Kelly fühlt sich angekommen – Foto: (c) Christian Barz

Salsango: Das hat sich dann geändert, je häufiger ich das Album gehört habe. Vielleicht ist das auch etwas ganz normales, dass man sich einhört? Es gibt ja so Hits, die schießen von Null auf Hundert und sind schnell wieder verbrannt. Andere musst Du erst entdecken und trägst sie dann dafür aber lange mit Dir herum.

Maite Kelly: Ich weiß, was Du meinst. Mir geht das bei anderen Künstlern auch manchmal so. Da kommt ein neues Album und du freust Dich drauf – und dann bist Du erst einmal enttäuscht, vielleicht weil Du eine bestimmte Erwartungshaltung hast. Erst mit der Zeit entdeckst Du die neuen Titel und Du beginnst sie zu lieben.

Ich hoffe, dass mein neues Album eines ist, auf dem einerseits Hits sind – ich glaube, bei den von Dir angesprochenen Liedern, die ich mit JoJo Music gemacht habe, sind ein paar gute Singles dabei- und andererseits auch Lieder, die tiefer gehen. Wenn das ganze Album bei den Leuten bleibt, sie es immer wieder mal hören, dann wäre ich sehr froh und hätte damit ein Ziel erreicht.

Deshalb sind auch ganz bewusst verschiedene Lieder drauf. Zum Beispiel die Balladen, die ich mit Wolfgang Hofer gemacht habe. Da war ich froh, Wolfgang an meiner Seite zu haben. Die hätte ich mir allein vielleicht gar nicht zugetraut. Das sind starke Balladen, die ins Gefühl gehen. Oder „So klingt Liebe“ mit Peter Wagner: Das ist ein Song, der Leute abholt, die nicht Discofox tanzen. Das ist so ein Popsong, den Du im Auto hörst.

Salsango: Es kommt natürlich immer auf die jeweilige Situation an, in der ich einen Song höre. Manchmal bist Du fröhlich und ausgelassen, manchmal aber auch kuschelbedürftig oder sogar niedergeschlagen. Für jede Situation brauchst Du und gibt es andere Lieder… Und dann entdeckst Du in einer bestimmten Stimmung vielleicht Lieder, an denen Du zuvor achtlos vorbei gegangen bist.

Maite Kelly: Natürlich! So ein Album kann man auch mit einem Konzert vergleichen. Da kann ich nicht Hit auf Hit singen, das braucht Facetten. Da muss ich auch mal leisere Töne haben – und dann kann ich wieder Stimmung machen. Ups and Downs gehören zum Konzert und zu so einem Album.

Ich bin sehr gespannt, wie die Leute das Album aufnehmen… Das ist ja eine lange Zeit und viel Arbeit, die man in so ein Album steckt. Man skizziert vielleicht 30 oder mehr Songs. Man verwirft Ideen wieder, macht Demos, feilt und verbessert und dann gefällt es Dir doch nicht richtig. Am Ende bleiben 12 Songs übrig und wenn man Glück hat, sind vielleicht 1 oder 2 Hits dabei.

Die Frage ist ja nicht so sehr, ob mir das Album gefällt, sondern ob es dem Publikum gefällt. Natürlich muss ich auch selbst zufrieden sein. Aber ich nehme so ein Album letztlich nicht für mich, sondern für mein Publikum auf.

–Ende des Interviews–

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